Musik und Mystische Kontemplation in der Katharinenkirche

Musik und Mystische Kontemplation in der Katharinenkirche

#St. Katharienkirche #Hauptwache #Innenstadt
Foto: H. Mutzke / St. Katharinenkirche.


Denkt man an die Frankfurter Hauptwache, hat man sofort das ehemalige barocke Wachengebäude vor Augen. Die barocke Katharinenkirche nebenan wird dagegen oft übersehen. Dabei bildet sie gemeinsam mit allen Innenstadtkirchen das spirituelle Zentrum der Stadt Frankfurt am Main. Die Katharinenkirche spielt dabei eine federführende Rolle. Inmitten des Gewusels und Gewimmels der angrenzenden Einkaufsstraßen ist sie ein Ort, an dem man für eine halbe Stunde abschalten und sich mit neuer Energie aufladen kann.

Die Katharinenkirche gehört zu den sogenannten Dotationskirchen, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts Eigentum der Stadt Frankfurt wurden. Im deutschlandweit einmaligen Dotationsvertrag verpflichtete sich die Stadt im Jahre 1830, den Unterhalt aller acht Innenstadtkirchen dauerhaft zu gewährleisten. Diesen Vertrag nimmt die Stadt bis heute sehr ernst. So erfolgte nach ihrer kompletten Zerstörung 1944, während des Zweiten Weltkriegs, binnen fünf Jahren der Wiederaufbau (1950 – 1954).

Ihre zentrale Lage an der Hauptwache qualifiziert die Katharinenkirche als sogenannte City-Kirche. Heute gehört sie zum Netzwerk Citykirchenprojekte, in dem innerstädtische Kirchengemeinden verschiedener Konfessionen Menschen motivieren möchten, die Gebäude aufzusuchen. Dies soll so niedrigschwellig wie möglich erfolgen. Das heißt, der Kirchenbesuch soll mit geringem Aufwand verbunden, leicht und unbürokratisch möglich sein. Als solche übernehmen City-Kirchen höchst unterschiedliche Funktionen, zum Beispiel als Gemeindekirche, Jugendkirche, Veranstaltungskirche, Konzert- und Kulturkirche. Mitten in der Stadt wirken die Mitglieder der Katharinengemeinde über die übliche Gemeindearbeit hinaus für das Wohl aller Personen, die den Weg dorthin finden.

Stand Dezember 2022 leben im Einzugsgebiet der Frankfurter City 6 771 Einwohner, weshalb man stärker auf Pendler*innen, Besucher*innen, und Tourist*innen ausgerichtet ist. Auch die von ehrenamtlichen Helfern getragene Hilfe für Wohnsitzlose und arme Menschen ist seit 1986 ein Schwerpunkt der Gemeindearbeit. Gemeinnützige Stiftungen und Spenden finanzieren die Arbeit mit Wohnsitzlosen. Um vom Tagesgeschehen innezuhalten, nutzen auch Angestellte des nahen Bankenviertels oder der Ladengeschäfte die Kirche in ihren Arbeitspausen oder auf dem Weg zur U-Bahn.

Gemeindeleben

  • Evangelisch-lutherische St. Katharinengemeinde
  • Sitz der Pfarrstelle für Stadtkirchenarbeit
  • Öffnungszeiten
    • Mo – Sa 12:00 – 18:00 Uhr
  • Seelsorge
    • Mo – Sa 15:00 – 17:00 Uhr
  • Gottesdienste
    • So 10:00 Uhr
  • Ökumenisches Mittagsgebet
    • Mo – Fr 12:30 Uhr
  • 30 Minuten Orgelmusik
    • Mo + Do 16:30 Uhr
  • Bach Vesper
    • 1. Sa im Monat 18:00 Uhr
  • Internet

Allerdings hatte der Dotationsvertrag von 1830 auch zur Folge, dass sich die Stadt aus der Finanzierung der Kirchenmusik zurückzog. Stattdessen übernahmen private Initiativen die notwendige Förderung. Der im Jahr 1835 gegründete erste Kirchliche Gesangverein organisierte in verschiedenen Kirchen und Sälen Frankfurts regelmäßige Konzerte. Im 19. Jahrhundert verlor Kirchenmusik an Bedeutung, weshalb man sich auch an der Katharinenkirche auf einen Organisten beschränkte. Erst nach dem Wiederaufbau 1954 erkannte man die Notwendigkeit einer Kantorei, weshalb die Organistin Ingrid Stieber 1956 die Kantorei St. Katharinen gründete. Sie rief einen Chor ins Leben, der durch Konzertreisen und Rundfunkaufnahmen bekannt wurde.

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Foto: DaN / Innenraum der St. Katharinenkirche
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Foto: DaN / Rieger-Orgel in der St. Katharinenkirche
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Foto: DaN / Innenraum der St. Katharinenkirche

Im Jahr 1983 begann Martin Lücker seine Tätigkeit als Kantors. Von 1998 bis 2016 übernahm er an der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst einen Lehrstuhl für Methodik und Didaktik an der Orgel und spielte viele Werke von Johann Sebastian Bach ein. Auch als Hochschullehrer blieb er Organist der Katharinenkirche und spielt weiterhin zweimal in der Woche den ununterbrochenen Konzertzyklus 30 Minuten Orgelmusik. Am 3. Juli 2014 fand das 3000. Konzert statt. Die Leitung der Kantorei übernahm von 1998 bis 2023 Michael Graf Münster, seit 2023 ist Klaus Eldert Müller Kantor und Organist an St. Katharinen.

30 Minuten Orgelmusik

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Foto: DaN / Rieger-Orgel in der St. Katharinenkirche
#St. Katharienkirche #Hauptwache #Innenstadt
Foto: H. Mutzke / St. Katharinenkirche an der Hauptwache, Innenstadt

Immer montags und donnerstags um 16:30 Uhr findet in der St. Katharinenkirche an der Frankfurter Hauptwache ein Jour fixe statt, an dem regelmäßig 100 bis 150 Menschen teilnehmen. In der evangelischen Kirche spielt Prof. Martin Lücker 30 Minuten lang klassische und zeitgenössische Musikstücke an der Rieger-Orgel. Das musikalische Spektrum des vielfältigen Programms reicht dabei vom 16. bis ins 20. Jahrhundert und ist in Teilen vom evangelischen Kirchenjahr inspiriert.

Bereits seit dem Jahr 1983 gibt es diese beliebte Reihe, die vielen Menschen eine halbe Stunde Ruhe und Kontemplation ermöglicht. Wer sich dort einfindet, spürt unmittelbar die Stille und Konzentration, die die Atmosphäre im Raum prägt. Wer öfters vorbeischaut, erfährt die gemeinschaftsstiftende Wirkung, die Martin Lücker in seinem Orgelspiel erschafft.

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Video: YouTube / St. Katharinengemeinde Frankfurt am Main

Seit Mai 2004 gibt es am Samstagabend die bundesweit einmaligen Bachvespern – eine Reihe von Gesprächskonzerten mit anschließendem Gottesdienst. Diese sind ein gemeinsames Projekt der Kantorei St. Katharinen mit der Schiersteiner Kantorei in Wiesbaden. Dort finden die Bachvespern jeweils am Sonntagnachmittag in der Marktkirche oder in der Christophoruskirche in Wiesbaden-Schierstein statt. Am 4. März 2017 fand die 125. Bachvesper in der Katharinenkirche in Frankfurt am Main statt.

Als City-Kirche übernimmt die Katharinenkirche mehrere Aufgaben. Neben den üblichen Funktionen als Gemeindekirche ist sie auch Angebotskirche. Das heißt, der Anbieter, die evangelisch-lutherische St. Katharinengemeinde, richtet das pastorale Handeln auf die Adressaten im Stadtteil aus. Angebote sollen stets Menschen aller Konfessionen, sozialer Klassen und Nationalitäten erreichen. Deshalb ist man zugleich Konzertkirche, Kulturkirche und Veranstaltungskirche.

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Video: YouTube / St. Katharinengemeinde Frankfurt am Main


Man beherbergte beispielsweise im Jahr 2012 eine Ausstellung über Steueroasen, im Jahr 2023 Kunst der Frankfurter Künstlerin und Fotografin Sandra Mann zum Thema Apokalypse oder das Mozart-Requiem, dargeboten von der Kantorei St. Katharinen. Zur Ausstellung Apokalypse war das Frankfurter Duo The OhOhOhs mit dem Projekt Pandemia – eine musikalische Vanitas 2022 zu Gast. Ihren Musikstil nennen die beiden Konzertante Clubmusik, weil sie der Klassik einen Beat geben wollen. Ihre Kompositionen sind voller Dynamik, mit vorwärtstreibenden Melodien und Rhythmen. Ihre Interpretationen beinhalten Brüche und anschwellende Lautstärke (Crescendi) und ein kirchlicher Konzertsaal wird so zum Club und ein Club zum Konzertsaal.

Ebenso ist die Katharinenkirche ein Ort der Luminale, dem Festival der Lichtkultur, das seit 2000 in Frankfurt stattfindet. Im Rahmen dessen wurde der Kirchenraum zur Lichtinstallation und abends zwischen 21 und 23 Uhr in Licht getaucht. Man wollte und will dazu einladen, über die Bedeutung von Licht und Wort für das Leben nachzudenken. Für die Luminale 2020 wurde exklusiv für die St. Katharinenkirche die audiovisuelle Performance und Installation Refrakto gemeinsam vom dänischen Komponistenduo Den Sorte Skole, dem Künstlerkollektiv Vertigo und dem Organisten Prof. Martin Lücker geschaffen.

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Video: YouTube / St. Katharinengemeinde Frankfurt am Main

Zwischen dem Reformationstag und dem Beginn der Adventszeit erwartet die Adressat*innen unter der Leitung des Stadtkirchenpfarrers Dr. Olaf Lewerenz eine Veranstaltungsreihe, die sich mit den Themen dieser Zeit im Kirchenjahr auseinandersetzt. Im Jahr 2022 lautete das Motto Wenn der Tod zum Tanz aufspielt. Auseinandersetzungen mit Endlichkeitsvorstellungen in Theologie und Kunst. In diesem Rahmen fand auch das oben genannte Projekt Pandemia – eine musikalische Vanitas statt. Im Jahr 2024 richtete man in der Stadtkirchenarbeit die Veranstaltungsreihe Mystik und Widerstand aus. Solche Veranstaltungen sollen stets dazu ermutigen, sich auf Reichtum und Kraft mystischer Texte und Musik einzulassen und diese als Potential für das eigene konkrete Handeln zu begreifen.

Mystik und Widerstand – Quelle und Kraft

Besucher*innen der Frankfurter Katharinenkirche spüren unmittelbar, dass die Atmosphäre der Kirche sie dazu einlädt, in ihrem Alltag innezuhalten. Im Kirchengebäude wird es augenscheinlich, dass christliche Mystik eine konkrete Praxis persönlicher, diesseitiger spiritueller Vereinigung mit Gott ist und sich im Inneren eines Menschen ereignet. Widerstand als aktives Handeln, richtet sich dagegen auf herrschende Gewalt oder Ungerechtigkeit in der Welt. Im Christentum, aber auch in anderen Religionen, gibt es Beispiele, dass und wie Menschen mystische Glaubenserfahrungen und gesellschafspolitisches Engagement miteinander verbunden haben.


#Hochrelief #Strßburger Münster #Hildegard von Bingen #Mystik
Foto: analogicus / Pixabay
Beschreibung: Hildegard von Bingen, Hochrelief am Straßburger Münster
#St. Katharinenkirche #Innenstadt #Hauptwache #Innenraum #Rieger-Orgel
Foto: DaN / Rieger-Orgel in der St. Katharinenkirche an der Hauptwache, Innenstadt
#Gotteslob # evangelisches Gesangbuch #
Foto: jh146 / Pixabay
Beschreibung: Gotteslob, evangelisches Gesangbuch
#Nonne #Gebet
Foto: RobertCheaib / Pixabay
Beschreibung: Nonne, die den Fuß Christi berührt
#Abendmahl # Kelch #Hostien #Kommunion #Gemeinschaft
Foto: tdjgordon / Pixabay
Beschreibung: Priesterin, die das Abendland feiert
#St. Katharinenkirche #Innenstadt #Hauptwache #Innenraum #Altarraum #Kirchenfenster #Chorfenster
Foto: DaN / Altarraum mit Chorfenstern in der St. Katharinenkirche an der Hauptwache, Innenstadt
Sufis, Sufismus, Tänzer, Islamische Mystik,
Foto: murtaza_ali / Pixabay
Beschreibung: Tanzender Sufi, islamische Mystik
Sufis, Sufismus, Tanzender Derwisch, Islamische Mystik,
Foto: svklimkin / Pixabay
Beschreibung: Tanzender Derwisch, islamische Mystik

Epistole – Musik und Texte von Hildegard von Bingen
DI 5.11.2024

Das Ensemble Ala Aurea rezitiert aus Briefen Hildegard von Bingens (1098 – 1179). Die den Briefwechseln nachspürende Musik von Ala Aurea, Ensemble für mittelalterliche Musik, eröffnet den Blick sowohl auf die Frau als auch die heute immer noch aktuelle Mystikerin. Begleitet wird das Ensemble von der Sängerin Maria Jonas, Susanne Ansorg mit Fidel und Glocken und Lucia Mense mit mittelalterlichen Block- und Traversflöten.

Orgelkonzert
SO 10.11.2024

Martin Lücker interpretiert den neunteiligen Orgelzyklus Méditations sur le Mystère de la Sainte Trinité von Olivier Messiaen (1908–1992). Es handelt sich um Meditationen über das Geheimnis der Heiligen Dreifaltigkeit aus dem Jahr 1969. Christoph Werkhausen liest dazu aus Texten des Komponisten. Text und Musik eröffnen Wege zum mystischen Ineinander von Theologie und Musik.

Spuren der Mystik im evangelischen Gesangbuch
Di 12.11.2024

Der Dozent für Praktische Theologie und Neues Testament an der Goethe-Universität Michael Schneider erläutert die Spuren mystischen Denkens in Kirchenliedern. Martin Lücker an der Orgel und die Sopranistin Jana Baumeister begleiten ihn dabei musikalisch. Sie präsentieren eine Auswahl geistlicher Gesänge der Barockzeit. Im Mittelpunkt werden die kleinen geistlichen Konzerte von Heinrich Schütz (1585 – 1672) stehen.

Podiumsgespräch: Glaube und Engagement
Mi 13.11.2024

Drei Personen unterschiedlichen Alters, Geschlechts und kultureller Herkunft tauschen sich darüber aus, inwieweit Mystik und Widerstand zusammenpassen.

Die Wissenschaftsjournalistin Dr. Regina Oehler moderiert den Abend mit

  • Gabriele Scherle (ehemalige Friedenspfarrerin und Pröpstin für Rhein-Main)
  • Saba-Nur Cheema (Politologin und Publizistin)
  • Julian Pannen (Fridays for Future)

In Zusammenarbeit mit der Pfarrstelle für gesellschaftliche Verantwortung

Mystik und Widerstand
Di 19.11.2024

Die evangelische Theologin Dorothee Sölle (1919 – 2003) gilt als engagierte sich zeitlebens für eine politische Theologie, gegen Atomkraft und die Befreiungstheologien in Südamerika. In ihren letzten Lebensjahren betonte sie die Rolle von Mystik als Antrieb für gesellschaftspolitisches Engagement. Ihre Texte haben damit wieder eine starke Aktualität.

Stefanie Köhler liest Sölles Texte und der Soloflötist Stefanie Köhler spiegelt diese musikalisch mit ”5 Incantations – Zaubersprüche“ von André Jolivet (1905 -1974).

Refrakto 2 – a journey into mystic dimensions
Fr 22.11. 2024
Sa 23.11.2024


Im Jahr 2020 schufen das Kopenhagener Produzentenkollektiv Den Sorte Skole und Lichtkunst-Kollektiv Vertigo schufen für die St. Katharinenkirche das Licht- und Klangprojekt Refrakto – a spiritual journey into light and sound. Organist Martin Lücker trat mit den Licht- und Klangkünstlern in einen Dialog. Bei allen, die damals dabei sein konnten, hinterließ die Performance einen tiefen Eindruck.

„Das ist, wenn ein gregorianischer Choral auf Gesänge eines Schamanen aus Kongo trifft, wenn Orgelmusik und Sufigesang sich begegnen.“

Den Sorte Skole

Die Klangkünstler wollten immer schon in einem kirchlichen Raum arbeiten. Für die Luminale 2020 konnten sie dies in der St. Katharinenkirche verwirklichen. Dort verbinden Den Sorte Skole Musik, Sound, Lichtinstallation und Laser-Mapping, um nach Spuren der Göttlichkeit in Geschichte und kirchlichem Raum zu suchen. Mittels Synästhesie von Klang und Licht möchten die Künstler, dass die Besucher*innen in einen anderen heiligen Raum entrücken können. Im Zusammenspiel mit Martin Lücker an der Orgel sampeln sie religiöse und spirituelle Musik aus verschiedenen Kulturkreisen. Die Lichtkünstler setzen diese Klänge in LED- und Laser-Mapping-Technik um.

Eine vollständige Veranstaltungsübersicht können Sie hier einsehen.

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