Rödelheim ist einer der vielen Stadtteile im Westen von Frankfurt am Main, der eine lange Geschichte von historischen und zeitgenössischen Persönlichkeiten vorweist.
Rödelheim wurde erstmals am 21. September 788 im Lorscher Codex als Radilenheim erwähnt. Und am 1. April 1910 in Frankfurt eingemeindet. Einer Erzählung zufolge ist der Bauer Radilo Teil der Gründungsgeschichte von Rödelheim. Nach ihm wurde die Radilostraße, eine der Hauptstraßen in Rödelheim, benannt. Der Erzählung nach war der Bauer Radilo der erste Bewohner, der Waldflächen rodete, um das Land urbar zu machen. Im 12. Jahrhundert wurde auf einer Insel der Nidda und des Mühlgrabens in Rödelheim eine Wasserburg errichtet, die später zur Burg wurde und 1461 durch Heirat an den Grafen von Solms, einen Erben des Frank von Cronberg, überging. Nach dem Schmalkaldischen Krieg wurde im Juli 1552 der Passauer Vertrag in Passau verhandelt und abgeschlossen und anschließend in Rödelheim unterzeichnet.
Der Verkehrsknoten Rödelheim
Rödelheim wird durch die zentrale Lage des Bahnhof in Ost und West geteilt und ist ein kleiner Verkehrsknotenpunkt zwischen Frankfurt und dem Taunus. Die drei S-Bahn-Linien, S3 (Bad Soden – Darmstadt), S4 (Kronberg – Langen) und S5 (Friedrichsdorf – Bad Homburg – Frankfurt Süd) verbinden Rödelheim mit dem Rhein-Main-Gebiet. Mit der Taunusbahn wird der Taunus (Frankfurt Hauptbahnhof – Brandoberdorf) erreicht.
Über die Buslinien M55 (Friedhof Sindlingen – Rödelheim Bahnhof), 56 (Südbahnhof – Rödelheim Bahnhof), 72 (Nordwestzentrum – Rödelheim Bahnhof), M34 (Mönchhofstraße – Bornheim Mitte) und der Linie 60 (Im Uhrig – Rödelheimer Bahnhof) ist der Bahnhof ebenfalls bestens verbunden. Nach den Umbauarbeiten des Rödelheimer Bahnhofs 2017 haben Graffiti-Künstler*innen direkt an den beiden Eingängen des Fußgängertunnels des Bahnhofs wunderschöne Kunstwerke geschaffen.
Das Stadtzentrum erreichen Sie über die Ludwig-Landmann-Straße, den Katharinenkreisel und die Messe. Über die A648 ist Rödelheim mit der A5, dem Flughafen Rhein Main und Darmstadt verbunden. Die A66 verbindet die Stadt Wiesbaden mit Frankfurt, wo sie auf Höhe der Bundesbank in die Miquelallee einmündet.
Das grüne Rödelheim und die Parklandschaft
Der Stadtteil verfügt über zwei Parks, den Brentanopark und den Solmspark, die sich inmitten des Frankfurter Grüngürtels befinden. Entlang beider Parks fließt die Nidda die im Stadtteil Höchst in den Main mündet. Im Solmspark befindet sich die Nachbildung eines Grundsteins, der an die erste urkundliche Erwähnung Rödelheims im Jahr 788 erinnert. Im Jahr 2007 wurde mit der Sanierung der Parks begonnen, wobei beide Parks vom Grünflächenamt und dem Geschichtsverein Rödelheim mit neuen Wegen ausgestattet wurden. Im Solmspark befindet sich eine Bronzeskulptur der Schlosses der Grafen von Solms-Rödelheim, die als Gedenkstätte errichtet wurde. Auch der Mauerverlauf des ehemaligen Schlosses wurde mit Pflastersteinen nachgebildet. Die ehemalige Burg ist im Wappen von Rödelheim dargestellt. Im benachbarten Brentanopark befand sich das Landhaus der Familie Brentano mit dem ehemaligen Küchenhaus, das heute noch erhalten ist. Mit Hilfe des Geschichtsvereins wurden die Umrisse des Landhauses mit Pflastersteinen nachgebildet. Westlich des Mühlgrabens, in der Nähe des Eingangs zum Brentanopark/Auf der Insel, befindet sich heute eine Gedenkstätte für die jüdische Gemeinde in Rödelheim und ihre Synagoge. Auch die Rödelheimer Juden wurden während des 2. Weltkriegs verfolgt und ihre Synagoge niedergebrannt.
Die Familie Brentano
Zwischen 1808 und 1823 kaufte Georg Brentano ein Landhaus mit Garten und erweiterte es durch Landkäufe, die er zu einem Park, dem heutigen Brentanopark, gestaltete. Dazu gehören auch das heute noch existierende Petrihaus und das oben erwähnte Küchenhaus. Regelmäßige Besucher des Petrihauses waren neben Clemens Brentano die Brüder Grimm, Adele Schopenhauer und Marianne von Willemer. Auch Johann Wolfgang von Goethe, Fürst Pückler und Bettina von Arnim waren häufig zu Gast. Neben dem Haus steht der wahrscheinlich älteste Ginkgobaum Europas, der dort 1750 gepflanzt wurde.
Alles ist im Fluss
Die Nidda ist ein Fluss, der aus dem Nordosten Frankfurts kommt und entlang des Grüngürtels in Richtung Westen fließt und schließlich im Stadtteil Höchst in den Main mündet. Sie entspringt bei Schotten im Hohen Vogelsberg auf einer Höhe von etwa 720 m über dem Meeresspiegel. Von der Quelle im Vogelsberg bis zur Mündung in den Main ist die Nidda 90 km lang. Die letzten 18 km fließt sie durch das Frankfurter Stadtgebiet. Eine keltisch-germanische Siedlung namens Nida bei Heddernheim gab der Nidda ihren Namen. Sie wurde bereits von den Römern als Transport- und Handelsweg genutzt. Später, im Mittelalter, siedelten sich entlang der Nidda Mühlenbesitzer an. Sie gestalteten den Fluss zum Teil um, so dass ihre Mühlen entlang des Flusslaufs die Wasserkraft besser nutzen konnten. Auch der Mühlgraben in Rödelheim wurde auf diese Weise angelegt, so dass eine Insel zwischen dem Mühlgraben und der Nidda entstand.
Eine Mühle – nicht am rauschenden Bach – sondern an der Insel
Nach der Umgestaltung der Nidda und dem Anlegen des Mühlengrabens in der Nähe der Bushaltestelle Parkweg, Ecke Rödelheimer Landstraße und Auf der Insel, erinnern drei Mühlsteine an die alte Rödelheimer Mühle, die beinahe 1200 Jahre lang am Parkweg stand. Diese Bushaltestelle wird von den Linien M34 und 72 angefahren. Sie stand in der Nähe der heutigen St. Cyriakuskirche. Erstmals wurde sie urkundlich im Mittelalter im Jahr 791 erwähnt. Die Mühle wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und schließlich 1966 abgerissen. Die Mühlsteine wurden nach dem Krieg geborgen und vom Rödelheimer Geschichtsverein an ihrem alten Standort am Parkweg aufgestellt. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, wichtige Orte aus der Geschichte des Stadtteils sichtbar zu machen, wie es bereits mit dem Rödelheimer Schloss und der jüdischen Synagoge in den beiden Parks geschehen ist. Nach dem Wunsch des Geschichtsvereins soll nun auch eine Gedenkstätte für das ehemalige Mahlhaus der Mühle entstehen. Da sich das Projekt noch in der Planungsphase befindet und noch keine ausreichenden finanziellen Mittel dafür bereitstehen, ist noch nicht entschieden in welchem Umfang die ursprüngliche Mühle wieder errichtet werden soll. Zur Ideensuche für die Gestaltung der Gedenkstätte stellte Dr. Armin Kroneisen, der Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins Rödelheim ist, den Kontakt zu den zuständigen Ämtern und zu Professorin Corinna Rohn, der Dekanin für Architektur und Bauingenieurwesen an der Fachhochschule Rhein-Main in Wiesbaden, her. Der Geschichtsverein hat bereits eine ausführliche Zusammenfassung zur Geschichte der Mühle veröffentlicht.
Europas größtes Freibad und der Frauenfußball
Die Stadt Frankfurt erwarb das Brentanoparkgelände im Jahr 1926. Auf einem Teil des Parks wurde das Brentanobad als Flussschwimmbad in einem Altarm der Nidda errichtet und 1930 eröffnet. Aufgrund der schlechten Wasserqualität wurde das Bad in den 1960er Jahren vom Flusslauf abgetrennt, bleibt aber mit ca. 10.000 Besucher*innen täglich im Sommer das größte Freibad Deutschlands und Europas. Um das Becken für die Sommersaison zu füllen, wird die Freiwillige Feuerwehr benötigt, da das Freibad keinen eigenen Zulauf hat. Angrenzend an das Gelände befindet sich die DLRG-Jugend. Direkt neben dem Freibad an der Ludwig-Landmann-Straße liegt das Stadion am Brentanobad, die Spielstätte des SG Rot-Weiss Frankfurt 1901 e.V. (Herren) und der erfolgreiche Frauenfußballverein 1. FFC Frankfurt, der im Jahr 2020 mit der Frauenabteilung von der Eintracht Frankfurt fusionierte. Der Verein hat sieben deutsche Meisterschaften, neun Pokalsiege und vier Europapokalsiege auf seinem Erfolgskonto.
Die industrielle Entwicklung
Der Wirtschaftsstandort Frankfurt lebt von seiner Internationalität und Weltoffenheit und seiner besonderen Kombination aus Dienstleistungen, Industrie und Handel. Die Industrie hat rund 61.165 Beschäftigte, die aus Frankfurt kommen. Die größten Arbeitgeber Frankfurts sind der Flughafen Frankfurt mit 81.000 Mitarbeitenden, DB Regio AG. mit 22.000 Mitarbeitenden, Stadtverwaltung Frankfurt mit 14.000 Mitarbeitenden und der Commerzbank mit 11.000 Mitarbeitenden. Durch die Anbindung an Autobahn, Schiene und Wasserstraße und mit dem weltweit größten Internetknoten einer der Top-Digitalstandorte der Welt, ist Frankfurt als Knotenpunkt Europas wichtig. Der Stadtteil Rödelheim ist als Wirtschaftsstandort für einige Branchen von Bedeutung.
Ein Apfel wird zu Äppler „Stöffche“ bei Possmann
Im Industriegebiet von Rödelheim findet man die Kelterei Possmann, die im Jahre 1881 von Philipp Possmann gegründet wurde und bis heute besteht und mittlerweile in der fünften Generation geführt wird. Der Unternehmenssitz ist in der Eschborner Landstraße in Richtung der Kleinstadt Eschborn und grenzt an die Kronberger Bahn-Strecke. Die Kelterei kann man mit der Buslinie 56 vom Rödelheimer Bahnhof erreichen. Wo in einer ehemaligen Lehmziegelfabrik noch Ziegel hergestellt wurden, entsteht seit Ende des Zweiten Weltkriegs der beliebte Frankfurter Apfelwein, auch „Stöffche“ genannt. Bis zu 15.000 Tonnen Äpfel kommen jährlich nach der Ernte aus dem Taunus, dem Spessart, dem Odenwald und anderen Gebieten zur Possmann Kelterei. Bis 1927 wurden nur Gaststätten mit Apfelsaft und Apfelwein beliefert. Danach entstand das bis heute beliebte Produkt „Possmann’s Äpfelwein“. Das Besondere am Herstellungsprozess ist, dass dieser in sterilen Tanks gelagert wird und darin reift, die aus ehemaligen Druckkörpern von alten unfertigen U-Booten des Typs XXI stammen. Bis zu 15 Millionen Liter Apfelwein können die riesigen Possmann-Tanks insgesamt aufnehmen, wobei kleinere Tanks 100.000 oder 200.000 Liter fassen und andere weit größer sind. Die Brüder Werner E. Ch. Possmann und Fritz Possmann entdeckten 1947 im Frankfurter Hafengebiet diese U-Bootteile und erwarben diese von der US-Armee.
Alles hat seinen „Sinn“
Im Jahr 1961 gründete der Fluglehrer und Pilot Helmut Sinn die Firma Helmut Sinn Spezialuhren. Er spezialisierte sich auf die Herstellung von Fliegeruhren sowie Industrie-, Renn- und Taucheruhren, die dann direkt ohne Zwischenhandel vertrieben wurden. 1994 übernahm der Ingenieur Lothar Schmidt die Firma Helmut Sinn Spezialuhren, die in Sinn Spezialuhren GmbH umbenannt wurde. Das Unternehmen stellt nach wie vor Taucheruhren, Industrie- und Rennsportuhren sowie Fliegeruhren her, aber auch normale Uhren, die ebenfalls sehr begehrt sind. Im Jahr 2015 eröffnete die Sinn Spezialuhren GmbH zusätzlich neue Verkaufs- und Werkstatträume auf dem Römerberg. Der Hauptsitz befand sich bis 2017 in Frankfurt Rödelheim „Im Füldchen“. Im Zuge der Umstrukturierung wurde im Jahr 2017 ein neuer Firmensitz in der Wilhelm-Fay-Straße in Sossenheim eingeweiht und damit der alte Firmensitz in Rödelheim aufgegeben. Dennoch wird die Sinn Spezialuhren GmbH immer mit dem Stadtteil Rödelheim verbunden sein. In unserem Beitrag „Uhren voller Sinn“ auf der Internetseite Seniorenagentur-frankfurt.de wird näher auf das Unternehmen eingegangen.
Die bunte Farbenwelt Rödelheim
In der Gaugrafenstraße befindet sich die Druckfarbenfabrik Flint Group GmbH. Sie wurde ehemals als Druckfarbenfabriken Gebrüder Schmidt GmbH 1878 in Frankfurt Bockenheim in der Solmsstraße von den Brüdern Ernst und Rudolf Schmidt gegründet. Die Druckfarbenfabrik Flint Group besteht bis zum heutigen Tage mit ihrem Hauptsitz in Luxemburg. Es werden nicht nur Farben für die Zeitungsrotation, Buch-, Offset- und Tiefendruck hergestellt, sondern inzwischen auch Farben für den Sieb- und Flexodruck.
Voll abgefahren bei Conti und Bosch
Alles Technik – baut Bosch
1886 gründete Robert Bosch in Stuttgart die Robert Bosch GmbH, die heute einer der größten Automobilzulieferer der Welt ist. Als Hersteller von Industrietechnik (Rexroth), Gebrauchsgütern (Elektrowerkzeuge, Hausgeräte) sowie Energie- und Gebäudetechnik erweitert Bosch sein Produktprogramm stets. Mit der Erweiterung der Produktpalette baut Bosch seine Werke in aller Welt aus, darunter auch das Werk an der Eschborner Landstraße im Stadtteil Rödelheim.
Vollgummi bei Continental AG
Moritz Magnus, Gründer der heutigen Continental AG (Conti), übernahm 1869 für nur 18.500 Taler die aus einer Konkursmasse hervorgegangene Neue Hannoversche Gummi-Warenfabrik in Hannover. Er machte sich zunehmend einen Namen als Reifenhersteller. Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, musste er seine Produktion auf kriegswichtige Güter umstellen. Während des Zweiten Weltkriegs produzierte er Flugzeugreifen und Gasmasken (auch damals „Volksmasken“ genannt). Nach dem Ende des Krieges nahm das Unternehmen die Produktion für die private Automobilindustrie wieder auf. Heute ist Conti einer der wichtigsten Zulieferer für die Autoindustrie. Conti baute das Unternehmen weiter aus und errichtet verschiedene Werke in Deutschland. Dazu gehört seit einigen Jahren das Werk in Rödelheim „Continental Teves AG & Co. oHG“ in der Guerickestraße, zu dem auch eine eigene Teststrecke gehört. Inzwischen hat Conti dieses Werk zu einem Kompetenzzentrum für autonomes Fahren ausgebaut.
Der Wasserturm und die Punk-Villa
Machen Sie sich nicht nass
In unmittelbarer Nähe des Rödelheimer Industriegebietes befindet sich der Wasserturm, der bis heute das Wahrzeichen von Rödelheim ist. Der Wasserturm wurde 1885 erbaut und diente als Wasserreservoir. Am Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Wasserversorgung in Rödelheim, wie im gesamten Frankfurter Stadtgebiet, allmählich auf Rohrleitungsnetze umgestellt, so dass der Wasserturm keine Verwendung mehr hatte. Heute befinden sich in Teilen des Turms Büros.
Oder noch alles bewohnt?
„In der Au“ steht die am längsten besetzte Villa Deutschlands, die seit den 1980er Jahren fast 40 Jahre lang von Punks besetzt ist. Die Villa gehörte ursprünglich der Deutschen Bibliothek. Durch den Kauf durch die Stadt Frankfurt wird die Besetzung seit 1988 geduldet. Die Punks hatten die Idee, die Villa zu besetzen, um die Wohnungsnot zu bekämpfen. Die Punks haben die Villa bis heute besetzt, ließen diese jedoch leider verkommen, so dass der Anblick heute nicht mehr schön ist.
Hip Hop Beats aus Rödelheim
Die Hip-Hop-Gruppe Rödelheim Hartreim Projekt wurde 1993 von Moses Pelham (Moses P) und Thomas Hofmann in Rödelheim gegründet. Das Projekt bestand aus Moses Pelham, Gründer und Geschäftsführer des Plattenlabels pelham power productions, sowie der damals noch unbekannten Sängerin/Rapperin Sabrina Setlur (Sister S), ebenfalls aus Rödelheim, und dem aus Mannheim stammenden Sänger Xavier Naidoo. Trotz des Erfolges und nach nur zwei Studioalben und einem Live-Album löste sich die Band 1996/97 auf. Vom Debütalbum „Direkt aus Rödelheim“ wurden 1994 laut Wikipedia über 250.000 Platten verkauft. Nach der Auflösung des Rödelheim Hartheim Projekts gründete 1999 Pelham als Songwriter in Frankfurt, zusammen mit Cassandra Steen als Sängerin und Martin Haas als Musiker und Produzent, die Band Glashaus mit den Musikrichtung R&B und Soul. Ihr Debütalbum „Wenn es Liebe ist“ erreichten sie Platz fünf in den deutschen Single-Charts.
Text und Fotos: Rudolf Schindler / Foto: Schloss Rödelheim: Karola Neder / Foto: Plakette Eingang Brentanopark: Klaus Rentzsch